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Weltcup Finale in Meribel mit Marius Neuffer & Sven Beckers

September 1st, 2014 Marius Neuffer

Drei Wochen nach dem Saisonfinale des Weltcups blicke ich auf einige sehr interessante und lehrreiche Tage zurück.

Bereits am Dienstag ging es für mich los nach Schweinfurt, um Mittwoch früh mit Sven und seinem Vater gemeinsam Richtung Meribel zu starten. Mittags erreichten wir Meribel, welches ein französisches Winterdorf für Skiurlauber ist, und aufgrund des Weltcups komplett voll mit Radfahrern war. Cross Country, Trial und Downhill-Fahrer wuselten bereits durcheinander. Wir stellten das Auto ab und erkundeten erstmal den Zielbereich, wobei die gewaltigen Wiesenkurven kurz vor dem Ziel der Downhillstrecke beeindruckend waren.

Nachdem wir etwas gegessen hatten, stand für uns bereits der Trackwalk an. Mit einem großen Sessellift ging es zügig bergauf durch die Sonne. Links und rechts steile Wälder und wir waren wahnsinnig gespannt, was die Strecke zu bieten hatte.

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Der Start der Strecke, direkt an dem Überlauf eines Sees gelegen, bot schon eine atemberaubende Aussicht auf die Berge und den 580m tiefer liegenden Ort Meribel.

Zu Beginn ein kleiner Double, gefolgt von der einzig, wirklichen Tretsektion der Strecke. Diese betrug realistisch betrachtet aber auch nur eine Distanz von ca. 75 Metern. Sofort danach ging es über einen kleinen Table ab in die erste Steilsektion. Die zwei Kanten die man Doubeln konnte, um die sauberste Linie zu wählen, habe ich sofort entdeckt, mich aber auch fast im gleichen Moment dagegen entschieden diese zu fahren. Sam Hill und wenige andere Topfahrer bewiesen, dass sie fahrbar sind, aber auch ziemlich gestört. Komplett blind 50cm schmale Landungen treffen und winzige Landekanten anpeilen ist schon eine schwierige Sache. Bei Steve Peat ging es im Finale zum Beispiel schief und er verpasste den Kurvenausgang am Ende der Sektion. Meine Linie war wohl etwas langsamer, aber wurde von fast allen Fahrern gewählt. Danach ging es über ein ordentliches Roadgap, diverse Flatdrops in Bremswellen von großen Steinen und viele Anlieger, welche allerdings von Beginn an flach und lose waren, folgten. Dass hier die eine oder andere Staubwolke fliegen würde, war absehbar. Dann ging es steil ab in den Wald. Getrost kann man auch sehr steil sagen! Noch waren nicht viele Wurzeln zu sehen, aber wir waren gespannt, was noch kommen würde. Viele Schräghänge, offene, weite Sektionen durch den Wald, ein schmieriges Steinfeld mit, natürlich einem hängenden Kurvenausgang am Ende, viele Drops mit harten Landungen, Doubles, stumpf ins Flat oder Wahlweise auch Löcher, noch mehr steiler Hang mit Löchern und Wurzeln, enge Kurven und zu guter Letzt die riesigen Wiesenkurven mit Holzkicker, Zielsender wussten uns zu beeindrucken und wir freuten uns auf den anstehenden Trainingstag.

Schräghang bewundern

Abends bauten wir unsere Zelte auf dem offiziellen Campingplatz auf, wo wir leider feststellen mussten, dass dieser lediglich über ein Plumpsklo (verrücktes Teil, sieht man nicht alle Tage) verfügte und über keine Duschmöglichkeiten. Zum Glück entdeckten wir in der Nähe einen Bach mit Schmelzwasser, um nicht ganz wie die Tiere leben zu müssen. Etwas genervt von der schlechten Organisation für die Camper, ging es dann zeitig ins Bett.

Steil

Donnerstag, Training, „nur“ vier Stunden (an meinem Geburtstag). Feier wurde spontan auf das nächste Jahr verlegt, denn nun galt es mit der Arbeit und Konzentration zu beginnen.

Die Strecke war aufgeweicht von den Regenfällen der vergangenen Nacht und ich hatte auf den Abfahrten mit meinen Trockenreifen doch einiges zu tun. Ich wechselte sie nicht, da die Sonne bereits schien und kein Regen mehr in Sicht war. Zig verschiedene Linien offenbarten sich auf den Abfahrten und die Strecke sah nach jeder Runde komplett anders aus. Schwierig sich dort was zu merken und gleichzeitig daran zu denken die Bremse auf zu machen, wenn man gar nicht so genau weiß, was bei dieser Linie gleich noch auf einen wartet. Der Berg war nämlich so steil, dass, wenn man die Bremse erstmal einen Moment auf hatte, die Geschwindigkeit nur noch schwer mindern konnte.

Ich mochte mich noch nicht so recht an die Strecke gewöhnen, obwohl ich Spaß hatte. Dieses Rennen sollte mein erstes auf 650b Laufrädern werden und ich konnte die Vorteile, wie den Grip und die Laufruhe über kleinere Schläge, spüren. In einer Trainingsabfahrt war ich einen Moment unachtsam, sodass ich einen Bunnyhop an einem Schräghang mit rutschigen Wurzeln zu kurz machte und noch auf den Wurzeln landete. Ich rutschte, bei langsamem Tempo, in einen Baum, der mein Fahrrad festhielt und ich purzelte 20m weiter den Abhang runter. Mir wurde bewusst, wie steil dieser Berg war und was das bei einem Sturz bedeutete. Erst dachte ich, ich hätte nur ein paar Kratzer, doch leider war meine Hand verstaucht und ich hatte Mühe, den Lenker fest zu halten.

Unten im Ziel beendete ich mein Training und hoffte, am nächsten Tag in der Quali an den Start gehen zu können. Bei Sven verlief das Training, bis auf eine Rolle rückwärts von einem Drop, ohne Zwischenfälle und er war fit. Als meine Hand im Laufe des Tages nicht besser wurde und langsam anschwoll, hatte ich starke Zweifel noch fahren zu können. Zum Glück waren wir aber beim Downhill, wo man sich immer gegenseitig aushilft, wenn es mal Probleme gibt. So war die Physiotherapeutin des Team IK Pictures Racing so nett mir zu helfen und sie schaffte es tatsächlich mit ihrer alternativen Schmerztherapie, dass ich Freitag wieder ohne größere Einschränkungen auf dem Rad sitzen konnte.

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Was allerdings blieb, war meine Verunsicherung auf der Strecke und ich konnte mich in den verbleibenden zwei Stunden Training noch immer nicht recht daran gewöhnen. Die ganze Zeit war irgendwo der Sturz im Kopf, der mich permanent ausbremste. Abgesehen davon erledigte ich nicht gerade den besten Job was die Linienwahl betraf, denn Sektionen schieben ging hier nicht. Man würde zwei Schritte vor machen und einen zurück rutschen. Ich sah mir schwierige Stellen zwar bei anderen an und guckte mir die Linie ab, welche mir am sinnvollsten erschien, doch schon auf der nächsten Abfahrt war die beste Linie wieder eine andere. So waren zwei Stunden Training auch schon rum und ich ging die Strecke noch zig Mal im Kopf durch und legte mir die Linien für die Quali zurecht.

Sven war entspannt bei der Sache, weil wir davon ausgingen, es würden sich alle Junioren qualifizieren. Ich ging etwas essen, während Sven im Sessellift auf dem Weg zu seinem Lauf saß. Meine Startzeit war erst drei Stunden nach seiner. Unten im Ziel erwartete ich ihn dann und sah sofort den Dreck am Trikot und das unzufriedene Gesicht. Scheinbar war er noch nicht entspannt oder fokussiert genug gewesen, sodass er an einem Schräghang eine 180Grad Drehung hinlegte ehe er weiter fuhr. Wir dachten uns, halb so wild, der nächste Tag zählt erst, bis ich erfuhr, dass er die Top 30 hätte schaffen müssen und mit seinem 44. Platz war er leider ausgeschieden.

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Dann ging ich bei strahlendem Sonnen an den Start und ich freute mich riesig auf die grandiose Strecke, auch wenn ich mit meiner Fahrweise bisher nicht zufrieden war. Ein komisches Gefühl war es schon, als einer der Wenigen ohne Rennrad samt Rolle am Start zu stehen. Doch ob man wirklich schneller fährt mit warmen Beinen, auf einer Strecke wo man ohnehin nicht treten muss, wagte ich zu bezweifeln. Es ist wohl mehr ein Ritual und eine Beschäftigung am Start für die Fahrer. Ich hingegen dehnte mich etwas und machte ein paar Kniebeugen. Der Spanier vor mir am Start zum Beispiel grölte wild vor sich hin und fuchtelte mit den Armen, um sich auf die Quali vorzubereiten. Dann strampelte er los, und ich wusste, dass ich der nächste war. Ich atme vor dem Start ein paar Mal tief durch und fokussiere mich voll auf die Strecke.

Start: Double, treten, Table, Absätze mit Steinen, hängende Links, Roadgap, zwei Wellen, lange Links, Spanier im Boden (kurz schmunzeln), hoffentlich ist nichts passiert, Flatdrop, Rechtskurve, Linkskurve und so weiter. Mein Lauf war insgesamt okay. Ich bin nicht gefallen, hatte Spaß, obwohl ich viel zu viel gebremst habe, habe ein paar Linien verhauen und war doch erleichtert im Ziel. Realistisch betrachtet war klar, dass für die Top 80 vieles hätte unterwegs perfekt funktionieren müssen. So war es nicht, und am Ende wurde ich mit Platz 150 bestraft.

Sven und ich hoffen nun im nächsten Jahr wieder die Chance zu bekommen, bei einem Weltcup an den Start gehen zu dürfen und werden dafür im Winter hart trainieren. Es ist ein harter und schwerer Weg, bis die Top 80 erreicht sind, doch der Ehrgeiz ist unersättlich.

An dieser Stelle nochmals Dankeschön an sämtliche Supporter: Soulrider e.V., Alutech Bikes, Hirzl, Carrierstyle, …

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